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Werben für’s Sterben? – Krieg dem Krieg!

June 5th, 2012 · 1 Comment · Antimilitarismus

Das Referat “Jugendmarketing” der Personalabteilung des Bundesministeriums der Verteidigung versucht nach Abschaffung der Wehrpflicht mit allen möglichen Mitteln Nachschub zu gewinnen und nimmt dabei insbesondere Jugendliche ins Visier.

Für diese wurde jetzt kürzlich eine “Jugendseite” – treff.bundeswehr.de/ – gestartet, die sich an Jugendliche zwischen 14 und 21 Jahren, “die ein allgemeines Interesse an der Bundeswehr haben oder eine Karriere bei uns anstreben” richtet.

Dort gibt es z.B. lässige Stundenpläne im Eurofighter-Look (“Auf der Jagd auf deinen Schulstunden kann dir der Stundenplan im Eurofigther-Design helfen.”, orthographische Fehler im Original) oder coolen Antennen-Look (“Mit unserem Stundenplan hast du deine Schulstunden immer auf dem Radar. Kein Unterrichtsfach bleibt dir verborgen.”) zum Download, es werden stylishe Poster mit den Waffen und Fahrzeugen des Heeres oder den Dienstgradabzeichen der Bundeswehr angeboten. Natürlich gibt es auch eine “Community” mit Chat und so – alles voll trendy.

Auch Demokratie wird auf der Seite förmlich gelebt: Mit der Aufforderung “Nutze dein Wahlrecht!” soll der geneigte Besucher der Seite in den Community-Bereich gelotst werden um dort das neue Heeresposter zu wählen. Das Foto mit den meisten Stimmen wird dann das “neue coole Poster für deine Bude” und kann “exklusiv kostenlos” bestellt werden… Und, wer soll es werden? Der flinke Transportpanzer Fuchs, der crazy Schützenpanzer Marder 1 A5 oder der spritzige Kampfpanzer Leopard 2 A6? Klasse, so macht Demokratie Spaß!

Bundeswehr an Schulen

Parallel zur virtuellen Akzeptanzbeschaffung und Werbung versucht die Bundeswehr in den letzten Jahren verstärkt ihre Präsenz an Schulen auszubauen. In Kooperationsabkommen mit mittlerweile acht Landesregierungen werden ihren Vertretern weit reichende Möglichkeiten im Bereich der politischen Bildung / des Politikunterrichts sowie der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte und Referendare eingeräumt. Die Landesregierungen sorgen dafür, dass Bildungsangebote der Bundeswehr in ihren Amtsblättern und auf ihren Online-Plattformen bekannt gemacht werden. Beispielhaft kann das auf der Seite des Schulministeriums von NRW nachgelesen werden.

Dagegen gibt es schon seit längerem Protest. Eine Übersicht über entsprechende Aktionen gibt es z.B. bei der AG Friedensforschung oder auf der Seite “Schulfrei für die Bundeswehr” der DFG-VK.

Von der Linksjugend [‘solid] Hamburg gibt es seit kurzem auch einen Hiphop-Sampler mit dem gegen das Werben für die Bundeswehr an Schulen mobilisiert werden soll: “Bundeswehr raus aus den Schulen”, hier zum Download bzw. auf Youtube.

Krieg dem Kriege”

Titelabbildung: Das "Ebenbild Gottes" mit GasmaskeUm der Propaganda der Bundeswehr und anderer Kriegsbegeisterter wirksam entgegenzutreten, scheint mir das (Auf-)Zeigen von Kriegsfolgen nach wie vor äußerst sinnvoll. Dabei denke ich an das in vielen Auflagen erschienene Buch “Krieg dem Kriege” des Antimilitaristen Ernst Friederich von 1924. Dass die darin gezeigten Aufnahmen auch nach 88 Jahren noch den Nerv treffen, wurde erst kürzlich in der Affäre um die Ausstellung des Künstlers Wolfram Kastner “teilen statt kriegen” in München deutlich. Als Reaktion auf die Ausstellung, in der auch Fotos von Soldaten mit weggeschossenen Unterkiefern und amputierten Gliedmaßen zu sehen waren, wurde er angezeigt und bekam von der Kreisverwaltung einen Bußgeldbescheid über 273 € wegen – und jetzt kommt’s – “Belästigung der Allgemeinheit” zugestellt.

Die Bereitschaft, sich der Bundeswehr und dem militärischen Kampf um “ungehinderten Zugang zu Märkten und Rohstoffen”, wie es in den Verteidigungspolitischen Richtlinien der Bundeswehr von 1992 heißt, zur Verfügung zu stellen, setzt in hohem Maße voraus, dass das wahre Gesicht des Krieges verdrängt wird. Die Konfrontation damit kann meines Erachtens durchaus heilsam für eigene “Karriereentscheidungen” sein. Auszüge aus Friederichs Buch sind auf der Seite greatwardifferent.com und der des von Friederich gegründeten Anti-Kriegs-Museums Berlin zu finden.

Das Buch selbst ist momentan leider nur noch antiquarisch zu erhalten. Auf der Seite des Anti-Kriegs-Museums wird zur Taschenbuchausgabe von “Krieg dem Kriege” angemerkt, dass sie vergriffen sei und Sponsoren für den Neudruck gesucht werden. Vielleicht lassen sich dafür ja im Zusammenhang mit der aktuellen Werbeoffensive der Bundeswehr Geldgeber finden.

Denn: „Dieses Buch sollten wir nicht unsern Freunden zeigen, denen, die schon Pazifisten sind, also nicht den alten Fehler wiederholen, der so oft gemacht wird: Missionare nach Rom zu schicken – sondern wir sollten es den Gegnern zeigen. In Versammlungen, in Schulen, in Vereinen, an Stammtischen – dieses Grauen kennt ja keiner von denen. Und man sollte das Buch auch Frauen zeigen, gerade Frauen zeigen.
Die Fotografien der Schlachtfelder, diese Abdeckereien des Krieges, die Photographien der Kriegsverstümmelten gehören zu den fürchterlichsten Dokumenten, die mir jemals unter die Augen gekommen sind. Es gibt kein kriminalistisches Werk, keine Publikation, die etwas ähnliches an Grausamkeit, an letzter Wahrhaftigkeit, an Belehrung böte.
Denen, die mir so oft bejahend zugehört haben, lege ich nahe: Das Buch in einem oder mehreren Exemplaren zu kaufen und für seine Verbreitung zu sorgen.“ (Kurt Tucholsky in der Weltbühne)

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One Comment so far ↓

  • Gelsomina

    Die Bundeswehr gibt sich seit einiger Zeit wie ein ganz normaler Arbeitgeber. Im Prinzip werben sie sogar damit, dass bei ihnen nicht jeder Uniform tragen muss. Ich ahne schon bald amerikanische Verhältnisse, wo die Ärmsten aus den Schulen raus rekrutiert werden.

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